
Jan Oliva
Als Kind unter der Begeisterung seines Vaters für endlose Stadtspaziergänge leidend, teilt der gebürtige Berliner Jan Oliva diese in die Wiege gelegte Leidenschaft mittlerweile. Kommt er in eine neue Stadt, ist die erste Sache, die besorgt werden muss, ein Stadtplan.
Du studierst Evangelische Theologie in Leipzig – was macht die Stadt für einen Theologen interessant?
Auch wenn mir die Allgegenwart Martin Luthers auf die Nerven zu gehen beginnt: Es ist schon eine feine Sache, dieses Fach im Stammland der Reformation zu studieren. Diese reiche Tradition wird mir etwa in der Mottete in der Thomaskirche bewusst. Da kommen all die Touristen, die sonst nie in die Kirche gehen würden und hören sich an, wie die Thomaner die hochreligiösen Texte Bachs zum Besten geben. Theologisch betrachtet ist Leipzig eine liberale Insel im konservativen Sachsen, das spiegelt sich natürlich auch an unserer Fakultät wider.
Leipzig und seine Denkmäler – welche Geschichte gibt es dazu aus deiner Sicht zu erzählen?
Als ich für unsere Fakultätszeitschrift eine Fotostrecke über Denkmäler in Leipzig gemacht habe, ist mir erst bewusst geworden, wie viele es davon in dieser Stadt gibt. Dabei sind Denkmäler für das Verständnis einer Stadt und ihrer Vergangenheit unglaublich aufschlussreich: Warum erinnert man sich zu manchen Zeiten gewisser historischer Figuren und Ereignisse, die nur wenige Jahre später verpönt sind? Mein Lieblingsbeispiel in diesem Zusammenhang ist das Marx-Relief, das bis 2006 noch an äußerst repräsentativer Stelle am Augustusplatz hing und sich nun in einer Ecke auf dem Sportlercampus an der Jahnallee wiederfindet.
Was verbindet dich persönlich mit der Stadt?
Als ich vor 2013 zum Studieren nach Leipzig kam, war mir die Stadt gänzlich unbekannt. Nun nenne ich sie wie selbstverständlich mein Zuhause. Die Erinnerungen, die ich mit den Orten und Menschen in dieser Stadt verbinde, diese Studentenjahre, prägen mich maßgeblich.
Fahrrad oder Straßenbahn?
Ganz eindeutig: Fahrrad! Morgens auf dem Weg zur Uni bekomme ich so die nötige Portion Sauerstoff, um wach zu werden. Nachts auf dem Rückweg von Partys bin ich unabhängig von irgendwelchen Nachtfahrplänen. Ich vertrete die These, dass man nur auf dem Rad (oder zu Fuß) eine Stadt richtig kennenlernt. Erst recht, wenn sie – wie Leipzig – keine Berge hat.
Wo einst die reformatorischen Fetzen flogen – das Neue Rathaus
In der Pleißenburg, wo heute das Neue Rathaus steht, fand 1519 die Leipziger Disputation statt. So kam es zum dreiwöchigen Schlagabtausch. Im Mittelpunkt stand der Streit zwischen Luther und Eck, ob das päpstliche Primat von Gott eingesetzt oder lediglich eine menschliche Erfindung sei.
mehr lesenWo ist nur der Luther hin? Der Johannisplatz und seine einstige Bebauung
Bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts stand auf dem Johannisplatz noch eine Kirche und davor ein Reformationsdenkmal. Was ist daraus geworden?
mehr lesenNicht nur bei Regen einen Besuch wert – das Zeitgeschichtliche Forum
Das Zeitgeschichtliche Forum in unmittelbarer Nähe des Marktplatzes ist Teil des »Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland«, dessen weitere Standorte sich in Bonn und Berlin befinden. Die als Zeitgeschichte bezeichnete Epoche behandelt die Zeit von 1945 bis heute.
mehr lesenEin Sinnbild verwitterten Deutschtums? Die Löwenskulptur im Neuen Augusteum
Ursprünglich ein Denkmal für im 1. Weltkrieg gefallene Studenten und Professoren, ist der Löwe im Neuen Augusteum heute in einem kläglichen Zustand. Dazu gibt es auch hier wieder eine denkwürdige Geschichte zu erzählen, genauer gesagt handelt es sich um Universitätsgeschichte.
mehr lesenLeider geschlossen: Keine Eisdiele wie jede andere – das Kreativ-Eis-Studio im Musikviertel
Softeis und Kugeleis – das sind die Größen, mit denen man in der deutschen Speiseeislandschaft vertraut ist. Dirk Engel hat in den USA etwas Neues kennengelernt und erfährt momentan, dass das Format des Kreativ-Eises auch in unseren Breiten auf Resonanz stößt.
mehr lesenEin Blick hinter historische Kulissen – eine Führung durch den Turm der Thomaskirche
Glocken aus dem Mittelalter, ein Graffiti aus Napoleons Zeiten und eine verzückende Aussicht: Die Thomaskirche hat noch mehr zu bieten als Bach und Thomaner. Bei einer Turmbesichtigung erklimmt man 232 Stufen und begibt sich gleichzeitig auf eine Reise durch die Stadtgeschichte Leipzigs.
mehr lesenEin Zankapfel von 33 Tonnen – das Marx-Relief auf dem Campus Jahnallee
Als »Schande für die Stadt des freiheitlichen Aufbruchs von 1989« bezeichnete der Schriftsteller und Leipziger Ehrenbürger Erich Loest das Marx-Relief – schon sind wir mitten drin in der Kontroverse um das Bronzerelief »Aufbruch«
mehr lesenWiederentdeckte Erinnerung – das Heine-Denkmal im Volkshausgarten
Zugegeben, wirklich spektakulär ist dieses Denkmal nicht: Eine einfache Stele aus rötlichem Granit, auf dessen Vorderseite in goldenen Lettern der Name Heinrich Heines prangt. Um den Standort zu finden, bedarf es einiger Spitzfindigkeit.
mehr lesenSchlimmste Straße Deutschlands? Die Eisenbahnstraße im Leipziger Osten
Bislang sorgte die Eisenbahnstraße im Stadtteil Volkmarsdorf einzig für Negativschlagzeilen: Bandenkriminalität, Drogen und Gewalt. Als Anwohner der Eisenbahnstraße habe ich von den angeblichen kriminellen Exzessen stets nur aus der Zeitung erfahren. Im Gegenteil: Hier gibt es südländisch-lebendiges Flair.
mehr lesenWahrzeichen im Leipziger Osten – die Lukaskirche in Volkmarsdorf
Der Evangelist Lukas ist bekannt dafür, in seiner Darstellung der Ereignisse um Jesus Christus den Fokus auf die armen, einfachen Leute zu legen. Dass Volkmarsdorf im Jahre 1893, als die Lukaskirche eingeweiht wurde, ein typisches Arbeiterviertel war, dürfte den Namensgebern wohl bewusst gewesen sein.
mehr lesen