Von Stavenhagen sind es nur wenige Kilometer bis zum Ivenacker Tiergarten mit seinen tausendjährigen Eichen. Fritz Reuter nannte diesen eingehegten Wald »das Liebste, was ich auf Erden kannte« und schrieb 1860 in der Verserzählung »Hanne Nüte un de lütte Pudel«: »Ick weit einen Eikbom, de steiht an de See, De Nurdstorm, de brus‘t in sin Knäst, Stolz reckt hei de mächtige Kron in de Höh, So is dat all dusend Johr west …«.

Im 13. Jahrhundert entstand am Ufer des Ivenacker Sees ein Zisterzienserinnenkloster. Abgeschieden von der Welt lebten und arbeiteten hier die Töchter des Landadels und ihre Mägde. Zu jener Zeit standen die Eichen plötzlich da, stolz und in vollem Grün der ersten langen Sommer. Man erzählt sich, die Unzufriedenen unter den Nonnen hatten mit dem Teufel paktiert. Fort, nur fort aus dieser Einsamkeit, aus dem erzwungenen Rückzug aus der Welt. »Der Pakt gilt«, sprach der Höllenfürst, »doch ihr dürft euch nicht umsehen, wenn ich euch nächtens hinausführe auf das Feld gegen Stavenhagen.« Abgemacht. Die Nacht war gar zu dunkel, fremdartige Schreie tönten laut und lauter, ein Grauen ergriff eine nach der anderen. Diese wendete zaghaft, zitternd ihren Kopf, jene rasch und ungestüm, ein letzter Blick, ein zerreißender Schrei – dann Stille. Sie blickten zurück und erstarrten zu Eichen.

So stehen sie seit hunderten von Jahren in diesem zauberhaften Wald und gehören zu den ältesten Bäumen Deutschlands. Seit 2016 sind sie das erste Nationale Naturmonument. Wir folgen dem Naturerlebnispfad, lesen auf Tafeln, klettern, erkennen Geister in den knorrigen Ästen der alten Pferdekopfeiche. Bei den Turopolje-Schweinen verweilen wir lange. Gemächlich durchwühlen sie mit ihren Rüsseln den Waldboden. Unerwartet prunkvoll taucht der Barockpavillon auf. Davor lagert gelassen Damwild auf der Wiese. Der See glitzert im Nachmittagslicht. Wie gemalt wirkt das Schloss am gegenüberliegenden Ufer. Erst lange nach der Auflösung des Klosters wurde es erbaut. Dass sich einst ein junger Graf dieser Herrschaft nicht standesgemäß in die bildschöne Elisabeth verliebte, Tochter eines Statthalters aus dem nahen Dorf Grischow, klingt schon märchenhaft. Sie starb jung, er trauerte und ließ auf einem Hügel im Wald zwei Gedenksteine setzen, das »Lieschengrab«. Wie für diesen Wald erdacht. Wir wundern uns nicht. Auf diesem Ort liegt ein Zauber.

Gut zu wissen

Ivenacker Tiergarten, Tiergarten 1, 17137 Ivenack, www.wald-mv.de/Forstaemter/Stavenhagen/Nationales-Naturmonument-Ivenacker-Eichen. Tiergarten ganzjährig rund um die Uhr, die Dauerausstellung im Barockpavillon von April bis Oktober, Mo. – So. 10 bis 18 Uhr geöffnet. Gruppenführungen buchbar unter Tel. +49 (0)173 2472166 oder joerg.hellwig@lfoa-mv.de. Anreise: Haltestelle Ivenack Abzweig Bus (Linie 420 ab Stavenhagen), Haltestelle Ivenack Dorf Bus (Linie 421 ab Stavenhagen).

 

 

Karte wird geladen - bitte warten...

Was der Wald erzählt: Die tausendjährigen Eichen in Ivenack 53.715403, 12.948933 Eichenallee, 17153 Ivenack (Routenplaner)