Hex, hex! Ein Hexenhaus auf Hiddensee, ja, das gibt es wirklich. Mit seinen 260 Jahren gehört es zu den ältesten Häusern auf der Insel und genießt Denkmalschutz. Alljährlich zum Tag des offenen Denkmals im September gewährt Hausherrin Sabine Reichwein Einlass in ihr kleines großes Reich. Spätestens dann sehen Besucher, dass Dach und Wände nicht aus Pfefferkuchen bestehen, sondern aus Reet und Lehm. An diesem Tag reicht die in Berlin-Wannsee wohnende Sabine Reichwein gemeinsam mit ihren Freunden Schmalzstullen, bietet Führungen an und erzählt Geschichten über das als Fischerkate erbaute Haus und seine Bewohner. Nur auf die Frage hin, wie das Hexenhaus zu seinem Namen kam, muss sie passen.
Mehrmals jährlich kommt die quirlige Großstädterin nach Hiddensee, um nach dem Rechten in ihrem gemütlichen, liebevoll eingerichteten Ferienhäuschen zu sehen. Der Vorraum besteht aus braunen Tonfliesen. Darauf steht eine blau bemalte Hochzeitstruhe. Eine Treppe führt zum Schlafraum hinauf. Die Küche ist offen und wird vom Wohnzimmerkachelofen mit Wärme versorgt. An einem Tisch am Fenster im Wohnzimmer sitze ich gern mit Sabine Reichwein zusammen. Wir frühstücken selbst gemachte Marmelade mit Früchten aus dem eigenen Garten. Den Tisch schmückt ein bunter Wiesenblumenstrauß.
Das Häuschen erhielt die 1941 geborene Frau des Hauses von ihrer Mutter Rosemarie, die es wiederum von ihrer Mutter, die Berlinerin Annemarie Pallat, bekam. Sabines Vater war der 1944 in Berlin-Plötzensee ermordete Pädagoge und Widerstandskämpfer Adolf Reichwein. Nur wenige Male konnte er im Hexenhaus unbeschwerte Ferientage mit seiner Familie verbringen. Zur Erinnerung an ihn wurde auf dem Inselweg vor dem Wiesengrundstück, auf dem sich das Häuschen befindet, ein Stolperstein errichtet. Das ist ein kleiner Gedenkstein, der an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern soll und zum europaweiten Kunstprojekt von Gunter Demnig gehört. Insgesamt gibt es sechs dieser Stolpersteine auf Hiddensee. Der erste Stein wurde Henni Lehmann im Jahre 2008 zuteil. Die Malerin gründete 1919 auf der Insel mit weiteren Frauen den »Hiddensoer Künstlerinnenbund« und erwarb die Blaue Scheune als Ausstellungsort. Mit weiteren Stolpersteinen wird an die Malerinnen Clara Arnheim, Julie Wolfthorn, Käthe Löwenthal und Susanne Ritscher erinnert.
Gut zu wissen
Hexenhaus, Süderende 105, 18565 Vitte/Hiddensee, Öffnungszeiten: Alljährlich zum Tag des offenen Denkmals im September. Anreise: Mit dem Schiff oder dem Wassertaxi von der Insel Rügen oder Stralsund bis zum Hafen Vitte, dann zu Fuß weiter in Richtung Neuendorf.
Zu der Frage, wie das Hexenhaus zu seinem Namen kam, erreichte uns eine Nachricht einer aufmerksamen Leserin: „Ich habe vor sehr langer (40 Jahre oder länger) Zeit in dem Buch „Schach dem Aberglauben“ von Maximilian Meischke die Abbildung dieses Häuschens gesehen mit der Bemerkung, dass das (damals) schiefe Dach – der First war auf einer Seite höher und das Dach dadurch so merkwürdig windschief; die Ecken unregelmäßig herabgezogen – den Hexen das Eindringen in das Haus unmöglich machen soll. Vielleicht ist es eine Möglichkeit der Erklärung.“ – da der Leserin und uns das Buch nicht vorliegt, die Frage an euch: Hat jemand das Buch und kann uns die entsprechende Stelle abfotografieren und zumailen?
Vielen Dank an unsere aufmerksame Leserin (Die Redaktion)
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