Jan Seidler, pädagogischer Mitarbeiter im Förderverein Dokumentationszentrum Prora, liegt das Museum des KdF-Seebades Rügen sehr am Herzen. (Anm.: KdF ist die Abkürzung der NS-Organisation »Kraft durch Freude«)

Jan, warum engagierst du dich so für das Dokumentationszentrum?
Das Dokumentationszentrum Prora ist die einzige museale Einrichtung in der Bundesrepublik zur Arbeits- und Sozialgeschichte im Nationalsozialismus. Wir können hier die Baugeschichte und die Ideologie, die hinter dem KdF-Seebad standen, sehr eindrücklich demonstrieren. Das fasziniert mich. Außerdem ist unsere Einrichtung vor 15 Jahren von engagierten Menschen aufgebaut worden, die sich gegen viele Widerstände durchsetzten mussten. Wir kämpfen noch heute um das Weiterbestehen, da möchte ich meinen Teil dazu beitragen.

Hast du einen Geheimtipp für unsere Leser?
Wer wirklich ermessen will, was die Nationalsozialisten hier geplant hatten, sollte die Gebäude mal ganz ablaufen oder mit dem Rad abfahren. Man kann das mit einer richtigen Kleinstadt mit 20.000 Urlaubern und Arbeitskräften vergleichen. Die Eingangshalle kann man von der Rückseite aus anschauen und bekommt einen Eindruck, wie die Urlauber in der 2.000 Quadratmeter großen Rezeption empfangen werden sollten. Auch die Rückseite des allerletzten Gebäudes des Seebades ist ein Geheimtipp, bis hierhin wäre das Seebad gegangen. Vielen, die hier vorbei kommen, ist nicht klar, dass erst hier der letzte Block ist.

Was passiert jetzt mit den Gebäuden?
Seit 2000 soll der Gebäudekomplex durch das Bundesvermögensamt verkauft werden. Damals sind auch alle hier ansässigen Künstler gekündigt worden. Auch wir haben keinen Mietvertrag, sind nur geduldet. Wir gehen zwar nicht davon aus, dass wir von heute auf morgen unsere Sachen packen müssen. Aber das ist durchaus möglich und denkbar. In einigen der Bettenhäuser entstehen gerade Luxusappartements. Das sehe ich kritisch, der ursprüngliche elitäre Gedanke des KdF-Seebades wird dadurch wieder aufgegriffen. Das ist schade, ich hätte mir mehr Projekte wie die Jugendherberge gewünscht, sie besetzt den Ort sehr angenehm, weil sie offen und erschwinglich für alle ist.

Gut zu wissen

Dokumentationszentrum Prora, Sandstraße 1, 18609 Binz, www.proradok.de,Tel. +49 (0)38393 13991. Das Dokumentationszentrum bietet täglich Führungen über das Gelände an, auch mit dem Fahrrad. Anreise: Mit der RB bis Prora-Ost oder den Buslinien 20, 23 und 28 bis Prora-Poststraße.

 

 

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Prora - Ruinen zum Nachdenken 54.439051, 13.573008 Prora, Deutschland (Routenplaner)